»Sorgen drücken einen Menschen nieder, aber freundliche Worte richten ihn wieder auf.« —Sprüche 12:25 (HFA)
Liebe Freunde und Gebetspartner, seit vier Wochen bin ich jetzt in Rumänien im Frauenhaus und ich merke, dass man hier viel mehr mit den Sorgen des Alltags zu kämpfen hat.
Oft geraten die Hausbewohnerinnen in Panik und das überträgt sich auf die Kinder und das ganze Haus.
So wie heute Morgen. Wir wollten gerade in den Gottesdienst gehen/fahren. Ein Teil der Hausbewohner war schon draußen und plötzlich hielt ein Taxi an und ein Ehemann von einer unserer Frauen schnappte sich eines seiner zwei Kinder und wollte es kidnappen.
Weil die Frauen das noch nie so erlebt hatten, brach erstmal Panik aus. Schnell beförderten wir alle Hausbewohner mit ihren Kindern in den Hof und nur die betroffene Frau mit ihren zwei Kindern und der Mann blieben draußen. In solchen Momenten wie heute brauchen unsere Hausbewohner nicht nur freundliche Worte, sondern vor allem muss Ruhe bewahrt werden und den Frauen das Gefühl von Sicherheit vermittelt werden.
Wir riefen die Polizei an und innerhalb von ein paar Minuten (für uns eine gefühlte Ewigkeit) kamen sie.
Über eine Freundin der Frau hatte er unsere Anschrift bekommen. Er wohnt 300 km entfernt, war aber schon ein paar Tage in der Nähe gewesen. Aber als die Polizei kam, ging er nach einer Diskussion friedlich weg.
Selbstverständlich darf ein Vater seine Kinder besuchen. Es muss allerdings gerichtlich festgelegt werden. Vom Sozialamt steht uns in der Stadt ein Büro zur Verfügung. Hier können sich Mütter und Kinder mit dem Ehemann/Freund bzw. Vater der Kinder treffen.
Schwierige Frauen
Wir sind froh, dass wir die Polizei an unserer Seite haben. Der Polizist von heute Morgen hatte bereits vor vier Tagen eine andere Frau in unser Haus gebracht, die wir dann doch nicht aufnehmen konnten, weil sie betrunken war und auch eine Gefahr fürs Haus und auch für sich selbst darstellte. Auch sprachlich konnten wir uns nicht verständigen, sie war aus dem Ausland. In der Nacht fand sich dann woanders ein geeigneter Platz für diese Frau.
Die Frauen, die zurzeit im Haus sind, sind jung und unerfahren. Sie schlagen ihre Kinder, weil sie sich nicht anders zu helfen wissen. Sind die Mütter mal nicht da, schlagen sich die Kinder gegenseitig. Teilweise verletzen sich die Kinder selbst, wenn sie geschlagen oder angeschrien werden, um den Schmerz zu betäuben.
Schweren Herzens mussten wir am Pfingstmontag eine Mutter mit drei Kindern entlassen. Sie zeigte schon seit sie ins Haus gekommen war ein sehr aggressives Verhalten. Beim gemeinsamen Picknick am Pfingstmontag (eine Woche später als in Deutschland) mit einer Kirchengemeinde vor Ort und etwa 200 Teilnehmern, kam es zum Eklat. Im Streit wegen der Kinder mit einer anderen Mitbewohnerin wurde sie handgreiflich. Wir mussten dazwischengehen. Es war eine schwierige Situation. Die Frau musste deshalb sofort zu Fuß zurück zum Frauenhaus (6,5 km).
Da sie der anderen Bewohnerin weitere Prügel androhte und ich schon einiges über die Frau wusste, musste diese Frau noch am selben Tag das Haus verlassen. Sie wollte schon ihren Mann umbringen und hatte erzählt, dass sie sich im Frauenhaus schon selbst das Leben nehmen wollte. Auch die Mitarbeiter hat sie schon mehrmals angeschrien. Sie kann sich nicht beherrschen, wenn sie in Wut gerät.
Sie wurde mit Proviant und Fahrgeld ausgestattet und konnte Kleidung für sich und die Kinder mitnehmen. Beim Abschied durfte ich für sie beten und legte sie in Gottes Hand. Sie weinte bitterlich. Am Bahnhof sagte sie zu einer Angestellten, dass sie auf diesen Tag bereits gewartet hätte. Sie kennt es nicht anders. Traurig, aber wahr.
Am nächsten Tag nahm das Sozialamt der Stadt, aus der sie gekommen war, Kontakt mit uns auf. Dort war man nicht gerade erfreut, weil sie schon mehrfach Probleme mit ihrem aggressiven Verhalten gehabt hatte und auch schon andere Einrichtungen verlassen musste. Sogar das Sozialamt wollte ihr nicht mehr helfen. Sie muss jetzt allein eine Lösung finden. Sie wohnt jetzt bei der Großmutter der Kinder in sehr ärmlichen Verhältnissen.
Im Nachhinein haben wir erfahren, dass sie ihr eigenes Kind aus Wut in die Backe gebissen hatte. Sie hat dann ein anderes Kind dafür verantwortlich gemacht. Schon bei der psychologischen Untersuchung wurde uns gesagt, dass auch ihre Kinder einmal zu einem Problem für die Gesellschaft werden könnten.
Es ist nie eine leichte Entscheidung, jemanden fortzuschicken. Aber die Sicherheit der Frauen im Haus geht vor. Auch für die Angestellten ist es ein Bruch, den sie erst verarbeiten müssen. Sie war nicht die Erste und wird auch nicht die Letzte gewesen sein, die das Haus frühzeitig verlassen muss. Es gibt immer wieder Frauen, die keine Veränderung zulassen.
Schweres Schicksal
Unsere Hausbewohnerin C. erzählte mir ihre Geschichte:
An ihrem 10. Geburtstag wurde sie vom Vater gegen Geld und Alkohol an einen älteren Nachbarn verkauft. Dort mussten sie den Haushalt führen und wurde auch zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Zwei Jahre war sie dort. Die Mutter hat die Misshandlungen durch den Vater nicht mehr ertragen und hat ihn an einem Ostersonntag ermordet. Sie war deshalb für 5 Jahre im Gefängnis.
Immer, wenn Ostern ist, erinnert sich C. an das Geschehen. Sie hat damals alles mitbekommen und den Vater in der Blutlache liegen sehen. Und musste erleben, wie der Arzt dem Vater nicht mehr helfen konnte.
Auch wenn sie Geburtstag hat, kann sie sich nicht freuen, weil sie an ihrem Geburtstag verkauft wurde. Seitdem hat sie jede Nacht Albträume.
Bitte schließt sie in Eure Gebete mit ein.
Hilfe für ehemalige Hausbewohnerin
Eine ehemalige Hausbewohnerin mit drei Kindern hat ihre Arbeit verloren und kann ihre Wohnung nicht mehr bezahlen. Sie steht auf der Warteliste für eine Sozialwohnung der Gemeinde, aber es ist noch keine Wohnung frei.
Wir haben sie jetzt vorübergehend wieder aufgenommen.
Neue Köchin
Vor über zwei Monaten ist unsere Köchin Marioara in Rente gegangen. Unsere hauswirtschaftliche Angestellte Anca (sie ist eine ehemalige Hausbewohnerin und arbeitet schon seit Jahren bei uns) hat einen Kochkurs absolviert.
Ich erinnere mich noch an die ersten Wochen, als sie ins Haus kam. Sie traute sich nicht, etwas zu essen zu nehmen, und aß nur, was man ihr auf den Teller gab.
Schon damals sagte ich zu ihr: »Anca, aus dir mache ich eine Köchin.« Sie sagte immer nur, dass sie sich schon freuen würde, wenn sie eine Putzfrau sein könnte. Putzfrau/Hauswirtschafterin ist sie jetzt schon viele Jahre, jetzt hat sie mit Lob und Anerkennung ihr Kochdiplom bekommen. Sie hat fleißig dafür gelernt. Eine schriftliche und eine praktische Prüfung musste sie ablegen.
Anca backt die tollsten Torten im Frauenhaus. Die erste Torte, die ich ihr beigebracht habe, war eine Schwarzwälder-Kirschtorte. Damals gab es noch keine Handys. Wir sprachen über den Computer im Büro mit Messenger, ich in Deutschland und sie in Rumänien. Sie lief dann zwischen dem Büro und der Küche hin und her. Inzwischen kann sie diese Torte auswendig. Sie ist sehr lernbegierig. Wir sind sehr dankbar für diese treue Seele.
Unsere bisherige Köchin Marioara hat jetzt ihr zweites Enkelkind und genießt die Zeit mit ihrer Familie. Aber sie hat uns ihre Hilfe bei Bedarf zugesagt. Der Kontakt bleibt auf jeden Fall erhalten.
Neue Angestellte
Im hauswirtschaftlichen Bereich haben wir eine neue Angestellte. Sie heißt Ligia und ist 52 Jahre alt und gläubig. Wir sind froh, dass wir diese Frau gefunden haben. Sie hat ein Herz für die Arbeit und für die Frauen im Haus. Außerdem hat sie viel Erfahrung in der Hauswirtschaft.
Ein neues Auto
in unserem Haus müssen ständig Personen und Dinge transportiert werden. Unser alter Bus hat treu seinen Dienst getan, aber er hat schon längere Zeit keine TÜV-Zulassung mehr bekommen.
Nach ergebnisloser Suche nach einem geeigneten gebrauchten Bus haben wir Anfang des Jahres einen neuen bestellt. Es ist ein Renault Trafic zur Personenbeförderung mit 9 Sitzen.
Ursprünglich sollte er im November 2023 geliefert werden, er kommt jetzt aber schon Ende Juni 2023! Das ist einerseits schön, weil das Auto dringend gebraucht wird, andererseits ist dann die Zahlung früher fällig.
Das Fahrzeug kostet 35.500,00 €. Davon sind schon 7.500,00 € zusammengekommen. Der Restbetrag von 28.000,00 € ist noch aufzubringen.
Deshalb bitten wir Dich/Euch, dafür zu beten. Wir freuen uns über jede Spende. Auch über ein größeres oder kleineres zinsloses Darlehen würden wir uns freuen. Ich bin sicher, dass Gott auch dafür sorgt.
Urlaub für unsere Angestellten
Wir merken immer wieder, dass unsere Angestellten Unterstützung und Entlastung brauchen. Daher werden im Sommer alle Angestellten drei Wochen in Urlaub gehen. In dieser Zeit werden Frauen des deutschen Vereins »Esther - Frauen bringen Hoffnung e. V.« die Zeit im Frauenhaus überbrücken.
Bitte betet für diese Zeit, dass es eine gute gemeinsame Zeit werden wird. Möge der Herr auch seine Hand darüber halten, dass alle sprachlich zurechtkommen und sich die Vereinsfrauen schnell und leicht in die neue Kultur hineinversetzen können. Ich selbst bin auch noch bis Ende August im Frauenhaus.
❤️
WIR DANKEN FÜR • Eure Unterstützung durch Gebete, Spenden und Daueraufträge • unsere neue Köchin Anca • unsere neue hauswirtschaftliche Mitarbeiterin Ligia
🙏
WIR BETEN FÜR • alle Frauen im Haus, besonders für C., dass sie von ihren Albträumen erlöst wird • Spenden für das neue Auto • die nötigen finanziellen Mittel für das monatliche Budget, die Löhne und für alle geplanten Baumaßnahmen • ehrenamtliche Helfer für die Urlaubszeit und alle Vereinsfrauen, die im Sommer im Frauenhaus helfen • meinen Aufenthalt im Frauenhaus bis Ende August
Gerade in der heutigen Zeit können wir mit ein paar freundlichen Worten unserem Nächsten helfen, wieder Mut und Hoffnung zu schöpfen.
Unsere Hoffnung kommt von dem, der uns Hoffnung und Frieden schenkt, von unserem Herrn Jesus Christus!
Wir wünschen Euch eine gesegnete Sommer- und Urlaubszeit.